Ein Arbeitstag


Ein ganz normaler Arbeitstag...


Ein herrlicher Morgen empfängt uns noch mit seiner Kühle und wir geniessen den dampfenden Kaffee und die Gipfeli. Ein erster Rundgang und Kontrolle, ob alles gut ist. Die Aufgaben werden verteilt, es ist wieder volles Programm. Viel Papierkram und Bürosachen, die täglichen Aufgaben mit putzen, das Gras unterm Elektrozaun mähen, und und und ... So vergehen die Stunden. Zuerst ist es angenehm zum arbeiten, dann wird die Sonne zunehmend wärmer und wärmer, wir ziehen die Jacken aus, binden die Haare zusammen, aber irgendwann bleibt nur noch schwitzen.

 

Sehr schnell ist der Mittag da und wir gehen eine Kleinigkeit essen. Freitags gibt es Käsewähe mit Salat, das essen wir alle gern. Jürg kann gut reden und weiss als Lakota sehr viel von seinem Volk und dessen Lebensweisheiten zu erzählen. Die Pause wird uns viel zu kurz, aber wir freuen uns auch sehr auf den Nachmittag und die anderen, die jetzt kommen, um mit uns das Training zu absolvieren.

 

Kaum zurück auf der Station, da trudeln sie schon ein. Mo grinst vor Vorfreude schon über‘s ganze Gesicht und Brigitte ist auch schon da, hat die Ärmel bereits hochgekrempelt. Dann fängt Nicole an, das Futter parat zu machen und zu portionieren. Für Neulinge braucht es häufig Überwindung am Anfang, es ist nicht ganz einfach, mit dem Futter zu hantieren (aufgetaute Eintagsküken etc.), Greifvögel sind keine Vegetarier. Doran wittern die Chance und hofft an schmackhaftes Futter zu kommen.

 

 

Das Training beginnt. Zuerst Taro, der Harris Hawk. Er ist ein Schlitzohr und hat immer wieder Flausen im Kopf und doch setzt er sich anstandslos auf die Waage und lässt sich wiegen. Anschliessend fliegt er elegant und sehr schnell durch die Lüfte. Von Brigittes Ärmel über das benachbarte Feld hinüber zu Nicole, die auf der Wiese steht und ihn lockt. Es geht mehrmals hin und her und macht richtig Spass, den dreien bei der Arbeit zuzuschauen. Blacky, der zweite Harris Hawk, ist putzmunter und voller Energie. Es ist ihm anzusehen, dass er voller Freude bei der Sache ist. Von kleinen Zwischenhalten oben auf den Gehegen oder auf dem Zaun abgesehen, macht er seine Sache sehr gut. Doch manchmal ist ihr Übermut und sind ihre Flausen nicht zu bremsen und so findet das Training auch ab und an am Pflock statt. So werden vor allem ihre Brustmuskeln trainiert.

 

 

Sako unser Sakerfalke hat heute viel Energie, er fliegt seine grosszügigen Runden, welche schon mal bis ins Dorf reichen und kommt unerwartet hinter einem Gebäude hervor. Dass heisst für den der das Federspiel schwingt: gib Acht ich pack es mir sonst! Nach ein paar Runden findet er, es ist genug und sowieso ist es zu heiss, setzt sich aufs Dach des Containers und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Kein Spielzeug und kein Futter kann ihn locken. Ganz genau beäugt er uns und findet es viel spannender, uns zu beobachten.

 

Am Schluss ist Terzi dran, der Steinadler. Er kommt auf dem Arm von Nicole sitzend und schmust mit ihr wie immer. Er ist sehr interessiert an dem Geschehen um ihn herum und ist kooperativ und freundlich wie das so seine Art ist, er lässt sich problemlos auf die Waage setzen und ist voller Erwartung auf das, was folgt. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, Terzi nahe zu sein, er ist beeindruckend, hat mächtige Krallen und einen grossen Schnabel. Und doch ist er sanft und ruhig, wenn man richtig auf ihn zugeht. Terzi unterscheidet klar, wer von uns im Team bei ihm ist. Er verhält sich nicht bei allen genau gleich. Ist es ihm wohl, dann kuschelt er sich an und schaut umher, manchmal stellt er seine Federkrone oder fängt an, ganz fein und vorsichtig in den Arm oder ins Ohr zu zwacken. Wenn man ihn kennt, sieht man, was für ein breites Repertoire er zur Verfügung hat, um uns seine Verfassung kund zu tun. Er zeigt uns seine Angst oder seinen Ärger genauso gut, wie seine Freude oder ruhige Zufriedenheit.

 

 

So wie die anderen Greife auch. Es liegt immer am Gegenüber, will man verstehen, will man ihre Sprache verstehen lernen. Das geht mit einem offenen Herzen und vor allem mit Respekt und Einfühlungsvermögen.

 

Natürlich dürfen auch die Nachtgreife noch raus. Jetzt am späteren Nachmittag erwachen sie langsam. Rufus unser Uhu geniesst die Zeit in der Nähe von Mo. Die Beiden sind ein Herz und eine Seele. Rufus kann sich fast so gross machen wie der Steinadler. Doch wenn er sich wohl fühlt, kann es schon vorkommen, dass er auf dem Arm von Mo zusammensackt, fast eine Kugel wird und beinahe vom Arm kippt. Dösen ist wohl doch noch angesagt.

 

Savia schnattert und zirbt. Sie ist ganz ungeduldig, denn sie kann nun fliegen. Was ihr lange Zeit verwehrt war. Stefan macht die Leine parat und dann geht’s los. 30 Meter Seil sind viel und doch so kurz für Savia. So muss halt Stefan nachhelfen und spurtet bei ihrem Flug hinterher. Juhu einige Meter mehr für unsere Lady. Sie fühlt sich pudelwohl und Stefan kommt ab und an doch noch aus der Puste – ein gratis Training für ihn. Nun haben sich die Beiden doch noch einige Zeit der Ruhe verdient und setzen sich auf die Bank. Auch Savia liebt es zu schmusen und geniesst die Zuneigung.

 

Für uns alle ist der Umgang mit unseren Tieren und den Teammitgliedern eine unermessliche Bereicherung. Die Sonne steht nicht mehr so hoch am Himmel und sie verliert an Kraft, es wird kühler, Feuchtigkeit zieht auf. Das Training ist für heute beendet.

Doran ist jetzt an der Reihe und geniesst den redlich verdienten Spaziergang. Nach soviel warten bis er an der Reihe ist geniesst er es über die Felder zu spurten und kurz noch ein Bad im nahen Bach zu nehmen. Zurück auf der Station herrscht nach dem Tageswerk Aufbruchstimmung. Der Himmel färbt sich langsam in satte, leuchtende Farben und die Sonne verabschiedet sich. 

 

Es war ein schöner Tag.